Montag, 19. Oktober 2009

Mander, es isch wieder Zeit - Mein Beitrag zum Gedenkjahr 2009

Über das Andreas-Hofer-Bild im Gedenkjahr 2009 anlässlich 200 Jahre Tiroler Freiheitskampf

Vor genau 200 Jahren wurde aus dem Sandwirt in Passeier beinahe über Nacht ein Symbol für Widerstand, Glaube und Heimatverbundenheit, die Personifikation von alpenländischem Guerillakampf, Schwerter statt "Harass'n", Lederhosen statt französischer Nationalkleidung.
Ander Hofer war zuallererst einmal ein erzkatholischer, fleißiger Bauer und Wirt. Welche strategisch unumstößliche Rolle er im sogenannten Tiroler Freiheitskampf spielte, sei dahingestellt. Tatsache ist jedoch, wer immer er auch gewesen sein mag, der überragende Taktiker, als der er in manchen (Süd-)Tiroler Köpfen herumspukt, ist er gemäß aktuellen historischen Daten sicher nicht gewesen. Von einer Veranlagung zum militärischen Machthaber kann auf alle Fälle keine Rede sein (überhaupt beschränkte sich seine militärische Macht auf eine überschaubare "Armee").

Wie kommt es also, dass 199 Jahre nach seinem Tod das heilige Land (Süd-)Tirol kurz vor einem Bürgerkrieg steht? Wieso wird im Gedenkjahr jedes (politische) Problem, sei es Selbstbestimmung, faschistische Relikte oder die Wiedereinführung von diversen katholischen Feiertagen unter Zuhilfenahme des Idealbilds vom Passeirer Guerillakämpfer bis zur Erschöpfung polemisiert, so lange bis es schon parteiintern zu Unstimmigkeiten kommt, ob Südtirol jetzt als Süd-Tirol zu Österreich kommt, als Sudtirolo bei Italien bleibt oder doch als Freistaat Südtirol in die, von Eva Klotz glorreich prohezeite Zukunft des unabhängigen Südtirols geführt wird, wo unsere eigene Fußballnationalmannschaft bei den olympischen Spielen in Südtirol ihre traditionelle Staatshymne unter der Südtiroler Flagge singen darf und somit ihre Identität bewahrt sieht.

Frau Klotz versteht es insgesamt, ebenso wie ihr Schützen-Schützling Sven Knoll besonders gut, ihr politisches Programm rundum mit Querverbindungen zum historischen Jahr 1809 zu verbinden, um einerseits die eigene Partei als die einzige "heimatbewusste" darzustellen, und gleichzeitig alle anderen Parteien entweder als opportunistisch oder faschistisch zu degradieren, im Falle der Grünen-Verdi-Veirc sogar als beides.

Doch woran gedenken wir im Jahr 2009 wirklich? An den erbitterten (aber deshalb nicht minder aussichtslosen) Widerstand einer Hand voll tiroler Bauern gegen die französischen und bayrischen Eindringlinge, an den Kampf zwischen konservativen, katholischen Werten, die sich an dem neuen, aufklärerischen Gedankengut reiben, daran dass sich die mittelalterliche, katholische Weltaunschung noch ein letztes Mal unter der ständig steigenden Macht der neuzeitlichen, Liberalen Atheisten aufbäumte um dann umso tiefer zu fallen?

In diesen Tagen liest man ständig "Was würde Andre Hofer von jenem halten, wie würde er in welcher Situation handeln, wäre er zufrieden damit, wie sich Südtirol entwickelt hat?" Und ständig werden die, direkt durch das Raum-Zeit-Kontinuum geschleusten Meinungen Hofers ersichtlich dargestellt um die eigene Meinung zu unterstreichen. Was dabei durch die Recherchen der eifrigen Politiker, Journalisten und Stammtischplauderer gern vergessen wird, ist der Bezug zur Zeit. Auch wenn der Sandwirt vor 200 Jahren mit seinem bäuerlichen Konservativismus womöglich auf der richtigen Schiene unterwegs war; in einem globalisierten Europa, in einer säkularisierten Gesellschaft, die hin zur Öffnung der Grenzen und weg vom Nationalgefühl führt, hat man mit einem Helden der für Gott, Kaiser und Vaterland kämpft, auf das falsche Pferd gesetzt.
Und um abschließend Hofers bekanntestes Zitat in die Postmoderne zu adaptieren:
Mander (& Frauen) es isch wieder Zeit!
Aber nicht für Gott, Kaiser und Vaterland,
sondern für Toleranz, Demokratie und Verstand.

Valentin G.

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